Nur noch wenige Touristen sind da, die ihren Kurz-Aufenthalt mit einem Flug zu ergänzen wagen. Und mit dem Ausbleiben der Touristenscharen, die sich mit ihm vom Pilatus stürzen wollen, kommt die Berufsleidenschaft zum Fliegen viel zu kurz.  Lange ist es her, seit den letzten indischen Gästen, die dem blonden Piloten so gerne auch in die Haare greifen.

Selber wollte ich schon lange, getragen von warmer Luft und Wind mit erneuerbarer Kraft vom Pilatus, über den Hochwald hinunter über der Stadt Kriens gleiten. Die Luftaufnahmen, die ich zu verschiedenen Zwecken für die nahende Ortsplanungsrevision machen wollte waren Grund genug einen Termin für einen Flug zu vereinbaren.

Gemeinsam mit einem Freund, der das Erlebnis und auch Schicksal mit mir teilen will, trafen wir zwei Piloten an einem frühen Samstagmorgen an der Talstation der Pilatus Bahn in Kriens. Ich würde meinen Flug mit Marcel unternehmen dürfen, den Marius als zweiter Pilot hinzugezogen hat. 

Marcel aus Kriens ist Geschäftsführer der führenden Agentur die Tandemflüge am Pilatus parajoy.ch organisiert und vermittelt. Auf der Fahrt Richtung Pilatus bleibt uns viel Zeit für Gespräche aber neben dem im grossen Rucksack verpackten Gleitschirm wenig Platz im Fräkmüntegg Bähnli.

Mit Blick auf den Hochwald meint Marcel, dass sich dieser in den letzten Jahren stetig verändert. Von oben herab über den Hochwald sieht er wie der Klimawandel die Farben der Bäume über die Jahre hinweg stetig verändert. Es es scheint trockener zu sein, als dies früher der Fall war. Umgestürzte und entwurzelte Bäume entdeckt er häufiger als früher. 

Überhaupt, in diesen Beruf als Gleischirmpilot muss man die Natur achten und auch lieben. Nur dann kann man mit ihr erfolgreich zusammenarbeiten und das grösstmögliche Mass an Sicherheit, Aufstieg und Flugzeit sichern. Der Pilatus sei auch nicht irgendein Berg für den Gleitschirmflug. Er gilt als einer der fliegerisch herausforderndsten Berge der Zentralschweiz. Entsprechend setzt Marcel nur auf erfahrene Pilot*innen, die den Pilatus auch in ihrer Freizeit häufig befliegen.

Zum Glück weht der Wind nicht in jene Richtung, welche den steilsten Start Richtung Kriens hinaus voraussetzten. Nach einem kurzen Fussmarsch Richtung Alpnach haben wir das Startfeld neben der Zahnradbahnstrecke erreicht. Ich kette mich an Marcel, vertraue auf seine Erfahrung und darauf, dass es gut kommen wird. Mit ein paar Tanzschritten stellen wir den Gleitschirm in den Wind und beim ersten festen Windstoss heisst es rennen, bis die Füsse den Kontakt zum Boden verlieren. Wir heben ab und starten in ein für mich einprägsames Erlebnis.

Von hinten her umkreisen wir die Pilatusspitzen, steigen dank der Thermik höher und streifen ganz nah an den Felsen vorbei. Die Geschwindigkeit gegenüber dem Boden ist beeindruckend und auch das Gewusel an Aktivitäten, die man vom Gleitschirm aus am Pilatus beobachten kann: Bergsteiger, die über die Galtigentürme aufsteigen, mutige Bergwanderer von denen mir nicht immer ganz klar ist, ob ihnen bewusst ist, wo genau sie sich gerade am exponierten Steiglihorn befinden. Der Pilatus, mit seinem Hochwald ist das Naherholungsgebiet, das zur Zeit vermehrt den vielen Freizeit-Ansprüchen und Bedürfnissen einer der umliegenden Bevölkerung genügen muss. 

Der Flug über das Tannenmeer des Hochbergs ist wunderschön. Ich hoffe beim Fotografieren keine neuen illegalen Freizeithäuser zu entdecken. Das Thema beschäftigt mein Team und mich aktuell sehr und die zeitweise prekäre Missachtung der Baugesetzgebung lässt die Kosten zur Aufarbeitung immer weiter steigen. 

Im Schosse meines Tandem-Piloten sinken wir langsam Richtung Kriens. Dort wo der Flug normalerweise endet, umkreisen wir das Schlössli und gleiten weiter Richtung Stadtzentrum. Marcel weiss dann, dass er mich weiterfliegen muss, denn mein Ziel ist der Blick auf Kriens von oben herab. Für die Workshops der anstehenden Ortsplanrevision möchte ich möglichst viele Luftaufnahmen von Kriens machen. Anhand dieser Bilder lässt sich am besten diskutieren, wo und wie die städteplanerischen und verkehrstechnischen Herausforderungen dieser Stadt und mit ihren Quartieren liegen.  Mit den Luftaufnahmen will ich gemeinsam mit den Eindrücken der Krienser*innen die Chance nutzen und gemeinsam diskutieren und definieren wie sich ein lebenswertes und schönes Kriens weiterentwickeln soll. Ich nutze die Gelegenheit und mache viele Fotoaufnahmen die ich bis heute noch nicht restlos sortieren konnte. 

Kriens von oben herab

Der Blick von oben herab auf Kriens zeigt ein von Strassen, Gebäuden und auch befestigten Plätzen dominierte Stadt. In diesem noch vielen grau im Siedlungsraum schwimmen zahlreiche grüne Inseln: Schöne Innenhöfe, Gärten, kleine Parks, markante Bäume. Diese grünen Inseln möchte ich mit der Revision weiter fördern. 

Nach den drei Extrarunden über Zentrum, Sonnenberg und Chupferhammer ist auch dieser Auftrieb zu Ende. Wir landen hinter der Talstation auf der Kuhwiese. Auch das ist noch immer Kriens. Die Landwirtschaft deren verstreuten Höfe Keimzelle waren für die heutige Stadt mit über 28’500 Einwohner*innen.